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Improvisation - der intuitive Weg zum Gitarrensolo - Christian Holzer

Titel: Improvisation - der intuitive Weg zum Gitarrensolo

Autor: Christian Holzer

Verlag: Christian Holzer, Vertrieb Tunesday Records & Publishing

Taschenbuch: 267 Seiten, mit Downloads

Darstellung: Standard-Notation und Tabulatur

Sprache: Deutsch

ISBN-13: 978-3955340223

Kategorie/Tags: Improvisation, Leadgitarre, Harmonielehre, E-Gitarre

Improvisation - der intuitive Weg zum Gitarrensolo ist, nach Improvisieren ist keine Hexerei, das zweite Buch Christian Holzers zu diesem Thema. Es soll keine Fortsetzung des Erstlings sein, vielmehr legt der Autor ein "runderneuertes" Werk vor. Holzer bringt das Buch im Eigenverlag heraus, den Vertrieb übernimmt Tunesday Records.

Inhalt und Aufbau

Los geht es mit der Einleitung und Hinweisen, wie das Buch zu gebrauchen ist, FAQ's zum Thema usw.

Kapitel 1 - Die "Psychologie" dahinter, Umgang mit Tönen

Es geht um Spannung und Entspannung, es geht um die Bedeutung lang klingender Töne vs. kurzer Übergangstöne, Pausen, Betonungen usw. Dazu gibt es ein erstes einfaches Klangbeispiel.

Kapitel 2 - Das Tonmaterial/Skalen

In dem Kapitel wird eine gewisse Auswahl an Skalen besprochen: Dur/Moll Pentatonik, Bluestonleiter, Dur/Moll Tonleiter, Harmonisch Moll, Moll6-Pentatonik, Jog-Scale/Mixolydische Pentatonik sowie die Modes. Holzer erklärt in aller Kürze den Aufbau einer Tonleiter, grundlegendes zur Nutzung, horizontale vs. vertikale Spielweise, die Bedeutung von Intervall-Strukturen. Die Skalen werden im Detail vorgestellt mit Tipps, in welcher Stilistik sie besonders gut passen bzw. in welchem harmonischen Kontext und die Intervall-Struktur dahinter. Naturgemäß ein trockenes Thema, aber das gehört eben auch dazu.

Kapitel 3 - Die ersten Improvisationsversuche

Holzer zeigt an einer kürzeren und längeren Phrase aus der Moll-Pentatonik, wie man durch leichte Veränderungen einer Basisidee zu neuen Ideen kommen kann. Er fordert den Leser auf, sich an eigene Ideen zu wagen, gibt dazu auch Tipps. Interessant die so genannte Monochord-Übung, mit welcher das intuitive Gefühl für Töne abseits starrer Patterns gestärkt werden soll.

Kapitel 4 - Impro über Blues, Akkordfolgen und Vamps

Hier wird der Blues als geeignetes Mittel zu ersten Improversuchen gezeigt (was er aufgrund seiner klaren Strukturierung auch ist). Holzer zeigt neben den typischen Blues Skalen auch den Einsatz von Mixolydisch und Moll6 Penta über einen Blues. Er geht in dem Kapitel auf den Unterschied zwischen Akkordfolge, Vamp und modalem Vamp ein. Dazu gibt es eine Einzelvorstellung der Backingtracks zum Buch mit den Begleitakkorden, der zugrunde liegenden Tonart und möglichem Tonmaterial zum Improvisieren.

Kapitel 5 Wege zur passenden Tonart

Eine der Fragen aller Fragen: wie finde ich die passende Tonart. Holzer geht auf typische Wege ein: das wäre das Ausprobieren (Verschieben von Fingersätzen bis es passt für Einsteiger oder die fortgeschrittenere Variante, welche auf der Kenntis von Skalen wie Pentatonik und der zugrunde liegenden Intervallqualität fußt) oder die Vorgehensweise, wenn Noten oder Akkorde zum Song vorliegen.

Kapitel 6 Tonartfremde Begleitakkorde und Tonartwechsel

Hat man, wie im Kapitel zuvor angesprochen, die Tonart gefunden oder die typischen Akkorde dazu, ist es nicht ganz so schwer, sich vorzubereiten. Probleme der Improvisation könnten dann z. B. Akkordwechsel sein, schwieriger wird es, wenn grundsätzlich Tonartfremde Akkorde gespielt werden oder ein Wechsel der Tonart erfolgt. Holzer geht auf das Problem an sich ein, wie es sich meist darstellt und welche Lösungen es dazu geben kann (Nutzung der Pentatonik, typische Tonleitern über Zwischendominanten). Er erklärt, was es mit Borrowed Chords auf sich hat und wie man darüber spielt, wie man über eine modifizierte V Stufe spielt und wie man mit Tonartwechseln umgeht.

Kapitel 7 Die Vorgaben

Es geht Holzer unter der Überschrift darum, festgefahrene Muster abzulegen und das Spiel frischer klingen zu lassen. Konkret: konzentriert man sich zu sehr auf Skalen und/oder Patterns bzw. die richtigen Note am richtigen Ort, bleibt leider oft das Feeling auf der Strecke. Holzer geht kurz auf das Thema ein und nennt Lösungsmöglichkeiten wie rhythmische Verschiebungen von Motiven, Artikulation und Ausdruck.

Kapitel 8 Die Solostruktur/Das Solobeispiel

Hier geht es um den Aufbau eines Solos an sich, um Spannung und Entspannung bzw. wie man Spannung erzeugt (z. B. durch gewollte Dissonanz, Rhythmische Verschiebung, Tempo, Lautstärke, Verzerrungsgrad des Sounds, Repeating Patterns usw). Das ganze mündet in einem längeren Beispielsolo, in welchem Holzer Takt für Takt erklärt, was er warum macht.

Kapitel 9 Bastelanleitung für ein festes Solo

Holzers Vorschlag, wie man zu einem Solo kommt: Aufnahme einer Begleitung, Improvisieren zu der Begleitung, Gute Ideen merken und üben, Impro danach weiterentwickeln und so weitere Solofragmente und gute Ideen finden. Das ganze wird auf zwei Seiten extrem kompakt abgehandelt.

Kapitel 10 Modales Spiel

Hier geht es um das modale Spiel, d. h. die Nutzung von Kirchentonarten. Über kaum ein Thema wird mehr gesprochen und doch so wenig gesagt. Holzer erklärt es zunächst mit dem so genannten Orgelpunkt, d. h. alles kreist um einen Grundton und so wird ein modaler Charakter erzeugt. Wichtig finde ich die Anmerkung, dass es sich bei Dorisch, Äolisch und Phrygisch um Moll (genauer Moll7) Modes handelt, bei Ionisch und lydisch um Major 7 bzw. Mixolydisch um Dur-7 und bei Lokrisch um moll7b5 handelt. Für mich elementar wichtig, kann man so doch interessante Sachen erzeugen (z. B. statt A-Äolisch bei einem Stück in C-Dur einfach mal die Moll-Modes A-Dorisch oder A-Phrygisch nutzen). Was mir in dem Kapitel sehr gut gefällt, sind Holzers Ausführungen zum Inside/Outside Spiel. Er hält sich vornehmlich an Beispiele aus der Pentatonik, aber das ist m. E. beim Erklären von Inside Outside einfach eine sehr gute Wahl. Danach geht Holzer noch auf Symmetisches tonmatterial wie verminderte Ideen oder Halbton-Ganzton ein.

Sozusagen als Anhang folgen die Basic-Skills.

In den Basic Skills 1 geht Holzer auf das Thema Rhythmik ein, welches leider oft etwas vernachlässigt wird. Holzer präsentiert das Thema gut.

In den Basic Skills 2 geht es um Patterns, aber auch um das Spielen nach "Zahlen" (als Intervallqualitäten) bzw. um diatonische Intervalle.

In den Basic Skills 3 geht es um das Thema Harmonielehre. Wer mehr Theorie möchte, bekommt sie hier und kann damit an den Grundlagen feilen bzw. auch gewisse Sachverhalte der Kapitel zuvor vertiefen oder klären.

Zum Abschluss gibt es noch ein kurzes Glossar mit Erklärung einiger typischer Begriffe und Spieltechniken.

Fazit Improvisation bedeutet für jeden etwas anderes. Der eine macht sich viel Gedanken dazu, der andere weniger und wieder andere keine. Um es an bekannten Gitarristen etwas zu verdeutlichen: B. B. King pickte sich einige Sahnetöne heraus und spielten über Jahrzehnte (allerdings in seiner persönlichen Wohlfühlzone) mehr oder weniger nur damit. Dazu brauchte er wenig theoretisches Wissen. Leute wie Petrucci haben scheinbar die gesamte Theorie gefressen und kennen/können so ziemlich alles. Der lange Rede kurzer Sinn: Improvisation hat viele gänzlich unterschiedliche Gesichter. Ein Buch darüber zu schreiben ist, nach meiner Meinung, schwierig. Das Gesagte liegt dann auch noch auf Ewigkeit schwarz auf weiß vor und irgendein Gitarrist findet garantiert irgendwann irgendwo ein Haar in der Suppe. Daher möchte ich dem Autoren zunächst einmal meinen Respekt vor der Arbeit an sich zollen und dem Aufwand, das Thema im Vergleich zum ersten Buch neu aufzurollen. Es hat sich aber auch gelohnt, der gesamte Aufbau wirkt klarer strukturiert, stringenter und mit einem gut erkennbaren roten Faden durch das Dickicht der Impro. Manches ist immer noch etwas kurz bzw. kompakt abgehandelt, aber andererseits legt Holzer ohnehin schon ein recht umfangreiches Buch vor. Und selbst bei dem Umfang kann man nicht alles bringen, was man zu dem Thema so alles schreiben könnte. Holzer schreibt schon zu Anfang, dass er im Rahmen des Buchs nicht auch noch auf die Details z. B. der Jazz-Harmonik eingehen kann. Eine nachvollziehbare Überlegung. So konzentriert es sich auf essentielle Dinge, welche man zum Thema wissen sollte. Er fordert und fördert auch, dass man sich beim Improvisieren die Fähigkeit des intuitiven Spiels erhalten sollte. Dazu muss man eben nicht alles wissen, aber ein gutes Fundament ist schon hilfreich. Und zum Bau dieses Fundaments kann das Buch eine gute Hilfe sein.

Rezensent: MP